Bochum erinnert an die Reichspogromnacht am 9. November

Bild: Sarah Börger

Auf dem Dr.-Ruer-Platz in Bochum gedachten zahlreiche Bürgerinnen und Bürger an die Schrecken der Reichspogromnacht am 9. November vor 84 Jahren. Veranstaltet wurde das Gedenken u. a. vom Kinder- und Jugendring Bochum e.V.  und der Stadt Bochum.

Nach dem in hebräischer Sprache vorgetragenem Totengebet von Aaron Naor erinnerte Oberbürgermeister Thomas Eiskirch an die Entmenschlichung, die die Jüdinnen und Juden vor 84 Jahren erfahren haben. Die Entwürdigung und Entmenschlichung der Menschen geschah nicht auf einmal, sondern fand in kleinen Schritten vor den November-Pogromen statt. „Solche frühen Zeichen zu erkennen und zu sehen, wo Menschen in Wir und Ihr aufgeteilt werden, wo Menschenfeindlichkeit ihren Anfang hat, ist eine schwere Aufgabe, die wir als Menschen und Gesellschaft annehmen sollen und müssen“ sagt Eiskirch. Er nutzte den Gedenktag, um auch auf die heutige Zeit zu schauen und seine Sorgen Ausdruck zu verleihen, dass immer wieder Kräfte in unserer Gesellschaft versuchen, die Krisen, wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Flüchtlingssituation oder die Corona-Pandemie, die mitunter zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Familien führen, nutzen, um die Gesellschaft wieder in ein Wir und Ihr zu spalten. Seinen Dank richtete er an die vielen überwiegend jungen Menschen, die zum Gedenken zusammen kamen, sowie Bochumer Initiativen, wie beispielsweise dem Bochumer Bündnis gegen Rechts, dem Kinder- und Jugendring Bochum und das neue Fritz Bauer Forum, in denen sich Bochumer Bürgerinnen und Bürger engagieren, die deutlichen machen, dass wir uns in Bochum gegen das Vergessen und gegen jegliche Neuauflage von Antisemitismus und Rassismus stellen.

Grigory Rabinovich von der jüdischen Gemeinde Bochum spricht in seiner bewegenden Rede über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der ihn als russisch Stämmigen keine Ruhe lässt. Insbesondere weil die Hoffnung, dass es in Europa nie wieder Krieg geben wird, mit Beginn des Krieges geplatzt ist.  Rabinovich wandte sich besonders an die junge Generation, die Geschichte des Krieges, mit all seinen Schrecklichkeiten die Menschen erlietten, wie den Hunger, Krankheiten, Schikanen und Vertreibung in Erinnerung zu behalten und sie weiterzugeben, auch dann, wenn die Zeitzeugen selbst nicht mehr davon erzählen können. Mit einem Zitat, das am Eingang des Blocks 4 im KZ Ausschwitz geschrieben steht, und einem Schalom an die Gemeinde schloss Rabinovich seine Rede  ab: „Wer die Geschichte vergisst, ist verdammt sie zu wiederholen“.

Um die Erinnerung an die Pogrome lebendig zu halten, haben in diesem Jahr Schülerinnen und Schüler der Erich Kästner-Schule sich mit der Geschichte der jüdischen Familie Freimark aus Bochum beschäftigt und ihr Schicksal stellvertretend für das alle Juden in Bochum, musikalisch und darstellerisch erarbeitet und auf der Bühne präsentiert.